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Kategorie: Karibik

Statistik

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Oh Mann, ich mag nicht mehr. Noch 2,5 Tage. Ich zähle die Minuten. So eine Quarantänezeit kann ganz schön lang werden, besonders, da wir uns ja auch auf Martinique nicht gerade viel bewegt haben.

Die ersten Tage hier vor Anker verbrachten wir bzw. Wolfgang mit Fehlersuche und Reparaturen. Wie gut, dass wir erst einen Probeschlag gen Norden gemacht haben und nicht gleich von Martinique aus Richtung Azoren aufgebrochen sind. Als erstes wurde die Handpumpe von der Toilette repariert, das war einfach wenn auch nicht gerade geruchsneutral. Hier musste nur die Membrane ausgewechselt werden.

Der Autopilot war schon suchintensiver. Alle Verbindungen wurden geprüft, schaltet das Relais, wo ist eine Unterbrechung usw. Aber dann kam auch Wolfgang nicht mehr so recht weiter und am Montag rief er den Händler in Deutschland an. 10 Minuten später lief der Autopilot wieder. Die Software hatte sich aufgehängt. Das war´s.

Jetzt ist Wolfgang gerade dabei, einen Fehler bei der elektrischen Fäkalpumpe zu finden. Wieder so ein Stinkejob. Sie pumpt, aber lässt nichts durch. Eventuell zieht sie Luft? Oder ist irgendwo verstopft?  Da Wolfgang bei uns an Bord mein Reparaturheld ist, habe ich Hoffnung, dass er auch diesen Fehler finden wird.

Sonst gibt es nichts Neues. Essen, lesen, schlafen, Muskelschwund. Es ist auch noch heiß geworden. Bei 30 Grad im Schiff vergeht einfach die Lust, Gymnastik zu machen.

Ich habe derweil unser Logbuch in eine Exeltabelle übertragen. Als Ergebnis kann ich jetzt, weil es ja nicht viel anderes zu berichten gibt, mal mit ein paar statistischen Daten aufwarten:

Vom 15.06.15 bis zum 16.05.20 sind wir nun unterwegs = 1797 Tage

Davon waren wir 1550 Tage in Marinas/Werften/vor Anker und nur 247 Tage auf See

Von den 1550 Tagen waren wir 155 Tage in einer Werft (2x USA, 1 X Teneriffa)

                                                 244 Tage in einer Marina

                                                 25 Tage an einer Mooring

                                                   1370 Tage vor Anker

Wir besuchten 21 Länder und ca.  326 Orte/Ankerplätze

19060 sm sind wir bisher gesegelt und leider 11091 sm motort. Die meisten Meilen unter Motor haben wir an der Ostküste USA zusammenbekommen. Auch bei den Fahrten zwischen USA und Karibik sind wir oft motort. Ganz zu schweigen von den 900 Meilen von den Azoren Richtung Teneriffa vor zwei Jahren. Na ja, das alles hat sich halt zusammengeläppert. Wir merken, dass das Schiff schwer ist und erst bei 12 Knoten in Fahrt kommt. Bei  Wind von hinten brauchen wir sogar mindestens 16 Knoten. Natürlich könnten wir immer solange warten, bis der richtige Wind bläst, wenigstens auf den kürzeren Strecken. Aber Geduld ist etwas, das nicht in meine Wiege gelegt wurde. Ankommen ist doch immer noch am Schönsten.

St. Martin
Ende gut, alles gut 😃

Ende gut, alles gut 😃

Mit einem Mal ging alles ganz schnell. Letzten Sonntag bekamen wir von unserem Freund Rene die Frachtpapiere unserer Pakete zugeschickt. Im nullkommanichts wurde das auch gleich weiter an die Immigration St. Martin geschickt. Und – am Montag hatten wir endlich unsere Erlaubnis nach St. Martin einzureisen.

Ich hätte am liebsten einen Freudensprung gemacht. Ging aber nicht, unsere Decke ist leider zu niedrig. Aber einen riesen virtuellen Sprung, den haben wir beiden gemacht.

Dienstagabend wurde Abschied gefeiert. Joe, Katja und Ansgar kamen zu uns. Nein, nicht an Bord, aber wir saßen jeder gemütlich im eigenen Dingi, bzw. Joe auf seinem Stand Up Paddleboard. Auch auf Snacks wurde verzichtet, aber das Bier floss in Strömen.

Wolfgang klariert am Mittwoch aus. Obwohl Snack Bou Bou seit drei Wochen geschlossen hat, öffnet er extra für uns Segler zum Ein- und Ausklarieren 3 x wöchentlich für ein paar Stunden seinen Laden. Ein wirklich toller Service. Frische Sachen werden noch gebunkert, dann wird das Dingi auf dem Vorschiff festgezurrt. Für uns eine Premiere mit dem neuen Dingi. Mal sehen, wie es sich bewährt. Kurz bekommen wir Besuch von einem dänischen Paar. Sie fallen aus allen Wolken, als wir ihnen erzählen, dass wir nach St. Martin segeln. Sie hatten es vor ein paar Tagen auch versucht und wen verwundert es – eine Absage erhalten.

Karibik Martinique Ankerkette nach nur 3 Wochen im Wasser

Tja und Donnerstag gegen 9°° ging es los. Wir können es kaum glauben. Nach 4,5 Monaten am gleichen Platz bewegen wir uns – mit dem Schiff. Laut Wetterbericht sollte es um die 20 bis 25 Knoten blasen. Also zwischen den Inseln etwa 30 Knoten durch den Düseneffekt. Aber der Wind war uns gnädig. Er wehte genau in der richtigen Stärke aus der richtigen Richtung. Ok, zwei Reffs hatten wir vorsichtshalber ins Groß gebunden. War manchmal auch ganz gut so. Und die Tanamera zischte ab. Als wenn ein Hund von der Leine gelassen wird. Erst zögerlich, dann immer schneller. Teilweise liefen wir 6 bis sogar einmal kurzzeitig 8 Knoten. Herrlich. Auch der Motor wurde nur ab und zu zur Hilfe genommen. Obwohl wir recht viel Abstand zu den einzelnen Inseln hielten, kamen wir dennoch in deren Windschatten. Aber es war immer nur kurzzeitig, die meiste Zeit konnten wir herrlich segeln.

Was auch gut war, denn schon kurze Zeit nach unserem Start stellten wir fest: der elektrische Autopilot geht nicht. Noch einen Abend vorher hatte Wolfgang ihn auf dem Ankerplatz getestet. Da war alles gut. Immer wieder probieren wir, ihn anzustellen. Nein, er verweigert einfach seinen Dienst, nicht mal ne Fehlermeldung spuckt er aus. Nicht auszudenken, wenn wir von Martinique aus Richtung Azoren gestartet wären. Klar, wir hätten die Aries Windsteueranlage nutzen können, aber unter Motor hätten wir per Hand steuern müssen. Und DAS wollen wir ganz bestimmt nicht. Es hat uns schon so gereicht. Nun gut, in St. Martin haben wir ja eh 14 Tage Quarantäne und Wolfgang soll ja auch keine Langeweile bekommen.

Die zweite Baustelle ließ nicht lange auf sich warten: Die Fäkalhandpumpe fing an zu lecken. So ein Schiet aber auch. Im wahrsten Sinne des Wortes. Nur sehr vorsichtig wurde gepumpt, sie sollte schließlich bis zum Ankerplatz durchhalten. So etwas auf einem schaukelndem Schiff auseinander zu nehmen ist kein Spaß, na ja, ehrlich gesagt, ist es anders auch kein Spaß, aber wenigstens ruhiger.

Am Samstag erreichten wir schließlich St. Martin. Übrigens haben wir während der 2 Tage dauernden Fahrt keinen einzigen Segler gesehen. Die Karibik war absolut leergefegt. So haben wir sie noch nie erlebt. Dafür ist der Ankerplatz in Marigot noch recht voll. Aber wir denken, dass in den nächsten Tagen doch einige Segler Richtung Heimat aufbrechen werden und sich der Platz etwas lichten wird. Während Wolfgang die Fäkalpumpe auseinander nimmt, nehme ich Kontakt zu Valerie von Island Water World auf. Da wir nicht an Land dürfen, wird die Einklarierung unkompliziert per Email erledigt. Die Ausklarierung von Martinique, Schiffspapiere, sowie die Pässe werden fotografiert und per Mail an Valerie geschickt. Und kurze Zeit später erhalten wir die Einklarierung. Herrlich unbürokratisch, da sollte sich so manch eine Karibikinsel mal ein Beispiel dran nehmen.

Beamtenwillkür??

Beamtenwillkür??

So kann man das nur nennen. Bisher haben wir alles ohne Murren und Klagen hinter uns gebracht, die Regeln strikt eingehalten. Doch jetzt reicht es! Aber ich fange mal von vorne an.

Vor ein paar Tagen hat ein bekanntes, deutsches Schiff, nach der Genehmigung gefragt, St. Martin anlaufen zu dürfen. Alles klappte flott, der zuständige Beamte auf St. Martin antwortete denen sogar auf Deutsch und letzten Sonntag sind sie dort eingetroffen.

Heute habe ich das GLEICHE gemacht. Also einmal Crossag, Fort de France, sowie den zuständigen Beamten  in St. Martin angeschrieben. Unsere Personalien, Schiffsdaten und den Grund, warum wir nach St. Martin wollen, angegeben. Als Grund haben wir Ersatzteilbeschaffung und das Schiff für die Atlantiküberquerung vorzubereiten, aufgeführt. Genau das Gleiche haben unsere Bekannten auch angegeben. Nur: kurze Zeit später kommt die Antwort von der Immigration St. Martin (auf Englisch): nein, wir dürfen nicht, nur bei besonderen Gründen und Teile beschaffen gehört nicht dazu. Da die Läden auf Martinique und hier in Le Marin auf sind, können wir das ebenso gut hier erledigen. Wir fassen es nicht.

Jetzt entwickelt sich ein reger Schriftverkehr. Wir erwähnen jetzt doch die Pakete, die  auf St. Martin auf uns warten. Welche Pakete, Nachweis bitte. Gut, wir schicken die Rechnung. Antwort: das betrifft aber die USA. Wir: stimmt, aber die Lieferadresse ist eine Cargo Ship Adresse, von dort wird es weitergeleitet. Antwort: bitte Beweis schicken, wo bzw. bei wem das Paket liegt. Was muss er für schlechte Erfahrungen mit Seglern gemacht haben, dass er diese ganzen Nachweise anfordert. Oder hatte er vielleicht nur ein verdammt schlechtes Wochenende? Oder lässt er nur ein deutsches Schiff pro Woche nach St. Martin? Jetzt sind wir dabei, unseren Freund, bei dem die Pakete sind, zu erreichen. Kein einfaches Unterfangen, denn er ist ziemlich im Stress. Unsere Abfahrt für diese Woche haben wir uns aber schon einmal abgeschminkt.

Ach ja, eine Sache ist vielleicht noch erwähnenswert. Als Antwort haben wir auch bekommen, dass wir doch zum Ende der Ausgangssperre  nach St. Martin kommen könnten. Wo ist denn da die Logik? Wenn wir vorher dort ankommen, sind wir eh zwei Wochen in Quarantäne und genau das Gleiche passiert auch, wenn wir nach dem 11.05. dort eintreffen. Nur, dass sich bei uns alles noch weiter nach hinten verzögert.  Außerdem wollten wir gerade das vermeiden. Alle dürfen dann endlich ohne Zettel an Land, nur wir dürfen noch 2 Wochen an Bord hocken. Zurzeit ist die Stimmung, wenigstens bei mir auf dem absoluten Tiefpunkt.

Lockdown, Curfew, Ausgangssperre, Sperrstunde

Lockdown, Curfew, Ausgangssperre, Sperrstunde

Seit Wochen werden wir damit konfrontiert. Zu Anfang war die Unsicherheit groß. Keiner wusste, was auf einen zukommen würde. Aber langsam sind wir in eine Quarantänenormalität hineingerutscht.

Mittlerweile haben wir Woche 6 erreicht und geraten in Gefahr, zu „verloddern“. Ein Gutes hat es, wir können kaum Geld ausgeben. Auch die Anhäufung von Schmutzwäsche hält sich in Grenzen, man braucht nicht viel, wenn man sozusagen an Bord gefangen ist und nur ab und an zu Land fährt. Aber wir vermissen den sozialen Kontakt. Nur ab und zu vom Dingi aus mit Seglern zu sprechen, ist auf Dauer einfach zu wenig. Dazu kommt natürlich auch die Einschränkung der Bewegung. Von Bord aus schwimmen, für einige ist das ein Traum. Ich bin jetzt nicht die Wasserratte, ich bin eher ein Läufer/Geher. Und da schaue ich dann doch mit etwas Neid auf unsere Freunde in Deutschland, die wenigstens in den Wäldern ohne Zeitlimit spazieren gehen können.

Die Auflagen haben sich während der letzten Wochen ab und an geändert. Gelockert wurde nichts, eher wurden die Auflagen verschärft. Sperrstunde zwischen 20°° und 5 Uhr, kein Segeln zwischen den Ankerplätzen. Das Schiff hat zu bleiben, wo es ist. Seit gestern wurde auch noch einmal darauf hingewiesen, dass jeglicher Wassersport außer kleine Runden ums Boot schwimmen untersagt ist. Wir brauchen nicht erwähnen, dass natürlich alle Bekanntmachungen auf Französisch geschrieben sind. Dies kommt für uns als „französischresitente“ Segler erschwerend hinzu.

Diese Veröffentlichungen werden auch auf der Facebookseite der Gruppe Martinique Cruisers Information gepostet – und wenigstens zum größten Teil von Seglern ins Englische übersetzt. Von dort holen wir uns viele Informationen und auch von einem sehr rührigen Seglernetz auf VHF (mobiler Seefunkdienst auf UKW). 3 x die Woche findet dieses Netz um 8.30 auf Kanal 8 statt. Dieses Netz wird zweisprachig geführt. Es ist für uns die Quelle an Informationen überhaupt. Welche Regelungen sind neu, was bedeuten sie für uns, man kann bei Problemen an Bord um Hilfe bitten. Solche Netze auf VHF Radio gibt es an vielen Orten, an denen sich besonders viele Segler tummeln. Meist dauern sie um die 30 Minuten. Hier hatten wir den absoluten Rekord von 2 Stunden! Gerade am Anfang der ganzen Restriktionen tauchten immer wieder Fragen auf. Jetzt hat sich das wieder auf ein Normalmaß reduziert.

2 dieser am Netz beteiligten Segler wohnen in Le Marin und haben Kontakte zu den Behörden. Durch sie wurde zum Beispiel das Wasserproblem hier auf dem Ankerplatz in St. Anne gelöst. Viele Schiffe haben keinen Wassermacher an Bord und müssen entweder an Land per Kanister Wasser besorgen (war in St. Anne nicht möglich) oder aber mit dem Schiff in die Marina nach Le Marin fahren um dort aufzutanken. Vor zwei Wochen wurde nun extra für uns eine Wasserleitung zum Dingidock gelegt. Das finden wir schon eine tolle Geste.

Das VHF Radio dient als Notrufsender,  für Schiff-Schiff Verkehr, Wetterberichte und nautische Warnnachrichten,  bzw. Schiffsrelevante Nachrichten. In den letzten Wochen hat sich das etwas geändert. So gibt es jetzt hier auf St. Anne sonntags einen Gottesdienst, welcher von Seglern organisiert wird. Auf anderen Ankerplätzen gibt es eine „Happy Hour“ mit Social Live und Gewinnspielen, welche über Facebook und YouTube organisiert wird. Und manchmal hören wir von anderen Schiffen Livemusik zu uns hinüberschallen. Man wird hier sehr erfinderisch und versucht, die Wartezeit so gut es geht, zu überbrücken.